Büro zum Wohlfühlen

10. Juli 1993 | Fachzeitschriften

Auch im eigenen Betrieb sollte das Büro nicht Rumpelkammer, sondern funktionale wie vorzeigbare „Schaltstelle“ sein.

Wer beim Stichwort Bürogestaltung nur an die Büros anderer denkt, liegt falsch. Auch im eigenen Betrieb fällt, unabhängig von der Größe, Verwaltungsarbeit an, die in entsprechenden Räumlichkeiten erledigt werden muss. Nur, dass eben diese Räumlichkeiten oft eher Rumpelkammern als Schaltstellen ähneln – von rationeller Organisationsarbeit oder Ergonomie für Körper und Auge kann kaum die Rede sein. Dabei geht es doch auch anders.

Auch die Büros der Industrielackiererei Diebald in Hohenbrunn bei München waren bislang eher improvisiert denn geplant. Zuletzt erledigt man die Verwaltung in zwei räumlich getrennte Büros; eines war für den Versand, das andere für die Buchhaltung zuständig. Weil die Räume aus den Nähten zu platzen drohten und die Trennung den Anforderungen des Betriebsablaufes und der EDV entgegenstanden, fiel der Entschluss zu einem Neubau mit repräsentativer Nebenaufgabe. Denn ein Büro ist eben nicht nur Ort des „Papierkrams“, sondern auch des Kundenkontaktes. Also wuchs an der bestehenden Lackierhalle ein luftiges, transparentes Gehäuse mit außergewöhnlichem, dreieckigen Grundriss heran. Nur etwa 115 Quadratmeter standen für Empfang, Chef-, Sekretariats-, Computer- und Meisterarbeitsplätze, für Büroküche, Garderobe, Toiletten, Abstellraum sowie für Aufenthalts-, Wasch-, Umkleideraum und Küche für die Mitarbeiter zur Verfügung. Eine nicht einfache Aufgabe für den Architekt, zumal die Grundfläche eben diesen schiefwinkligen Schnitt aufwies. Während der Architekt  bis zur Genehmigungsplanung federführend war, übernahmen zwei Innenarchitektinnen später die Raumaufteilung und die Einrichtung.

Die „spitze Ecke“ des Büroanbaus: Sie prägt das Erscheinungsbild des Betriebes.

Blick auf den Chefplatz. Deutlich zu sehen die abschirmende Funktion der inneren, eingehängten Lochbleche.

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Alle Möbel sind der spitzwinkligen Form des Gebäudes angepasst.

Der Betrieb: Die Industrielackiererei Diebald existiert seit rund 42 Jahren und beschichtet Teile aus Metall, Holz und Kunststoff für namhafte Unternehmen au dem regionalen Umland, die für Kleinserien, Einzelstücke und Sondertöne den Weg nach Hohenbrunn nehmen. Diebald stellte bereits vor fünf Jahren seine Entfettungs- und Phosphatieranlage auf wässrige Techniken um; zwischen sieben und neun Mitarbeiter beschäftigt der Betrieb durchschnittlich.

Die räumliche Enge erforderte sehr viel Sorgfalt bei der Planung und die möglichst kompakte Anordnung der geforderten Funktionen. So orientierte sich beispielsweise die Größe der Stellflächen exakt am Bedarf: Bürogeräte und die Länge der Ordnerreihen wurden eigens ausgemessen und eingepasst, Möbel erhielten Doppelfunktionen. Die Bauzeit belief sich lediglich auf 15 Wochen, die beteiligten Handwerker sind meist Kunden der Industrielackiererei Diebald, entsprechend problemlos gestaltete sich die Zusammenarbeit. Dass es so schnell ging, lag aber auch an der vielen Eigenarbeit Diebalds und der engen Abstimmung zwischen Bauherr und Innenarchitektinnen – was bekanntlich nicht immer selbstverständlich ist. Büro- und Sozialräume sind in zwei Bereiche getrennt und dank Fenstern aus Milchglas doch verbunden. Der Anbau ist außen fast vollständig verglast, farbige Lochbleche sorgen für die optische Abschottung zur Straße hin. Improvisationen, individuelle Lösung und Detailfreunde kennzeichnen die Einrichtung. Statt Standartlösungen zu nutzen, sind Möbel individuell gefertigt, was sich natürlich schon allein aus der Raumsituation anbot. Die Möbel im Bürobereich bestehen aus Buche-Multiplexplatten und stehen mit ihrem warmen Holzton gegen die sonst kühlen Farben.

Alle Bürogeräte – gleich ob PC, Kopierer, Aktenordner oder Telefon – sind selbst lackiert und weisen so direkt auf die Tätigkeit des Bauherren hin. Alte, umlackierte Lackgebinde dienen heute als Papierkörbe. Zu den vorhandenen Firmenfarben Orange und Dunkelblau, die auch im Büro auftauchen, gesellen sich leuchtendes Gelbgrün, Mittelblau und Türkis – als zeitgemäße Erweiterung der beiden Farben aus dem Siebziger Jahren. Auch der Boden, unter dem sich die Heizung verbirgt, ist Blau. Epoxidharzgebundene blaue Kiesel, mit schwarzen Kieseln und Glimmerteilchen vermischt, machen selbst den Boden interessant. Die Wände hingegen zeigen sich in neutralem, weißem Glasgewebe-Kleid; alle Stahlträger erhielten einen eisenglimmerpigmentierten Anstrich – nicht aus Gründen des Korrosionsschutzes, sondern der Optik.

Alle Bürogeräte wurden individuell lackiert. Verspiegelt fast schon ist die „zackige Kabeldurchführung“

Jeder Raum wird genutzt: Der Eingangstresen als Raumteiler und Stauraum.

Sorgen für lebendige Atmosphäre: bunte Kacheln im Mitarbeiter-Waschraum

Architektur: Paulspringer
Innenarchitektinnen: Barbara Adelmann, Anne Batisweiler, München

Beitrag Das Deutsche Malerblatt 07/1993
Autor: Armin Scharf
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart
www.malerblatt.de

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