Innenraumgestaltung, die Spaß macht…?

12. Mai 2011 | Fachzeitschriften

Kann das denn sein, dass Innenraumgestaltung Spaß macht? Darf Innenraumgestaltung denn überhaupt Spaß machen oder ist das unseriös? Arbeit und Spaß – geht das denn? Darf man für Gestaltung, die Spaß macht, Geld verlangen? Dafür hat man doch den Spaß!

Nun, zunächst mal Folgendes: Ich behaupte, gute Gestaltung muss Spaß machen! Sowohl demjenigen, der sie plant, als auch dem, der sie umsetzt, dem, der sie beauftragt und dafür bezahlt und besonders dem, der sie nutzt / davon profitiert! Um die ständige Herausforderung bei der Entwicklung immer neuer „Prototypen“ – und als etwas anderes kann man diese stets individuellen, meist einmalig zu planenden und zu realisierenden Projekte nicht sehen – zum Gelingen zu bringen, braucht es eine ordentliche Portion Motivation und Leidenschaft. Und die wird zu einem großen Teil über die Freude und den Spaß gewonnen, der in uns Kreativen steckt. Das gilt für alle: die Kollegen, Handwerker und Firmen, die mitwirken, damit das Werk gelingt.

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Anne Batisweiler, Dipl.-Ing.(FH), Dipl.-Designerin, München

Gestaltung und Einrichtung zum Entspannen

Das Allerschönste ist jedoch, wenn das Ergebnis auch für den Kunden und die Nutzer erfreulich ist, wenn sie Spaß damit haben, sich freuen an diesen Orten, mit dieser Gestaltung und Einrichtung zu sein, zu leben, zu arbeiten, zu entspannen … Natürlich gibt es Aufgaben, die wenig aufregend sind, beispielsweise reine Reparaturaufgaben oder Umarbeitungen. Doch es gibt zahlreiche Aufgaben, die besonderen Spaß machen, Projekte, die den Spaßfaktor als solchen schon in sich tragen. Das sind oft Orte der Kultur, der Zerstreuung und der Freizeit: Spaß- / Erlebnisbäder, SPA- und Wellness-Oasen, Themenhotels, Shoppingcenter / Malls, Kinos / Theater, Diskotheken, Museen, Jugendzentren, Sportstätten / Fitnesscenter, Funparks, Konzert- / Veranstaltungshallen usw… Aber warum sollen nicht auch Schulen, Kindergärten, Büros, Altenheime, Werkstätten, Messehallen, Gastronomien, Praxen, Kosmetik- und Friseursalons, Läden, Verwaltungen, Autohäuser, Kliniken, Bibliotheken, Flughäfen, Bahnhöfe, Tankstellen, Cafés … Spaß machen, Orte sein, an denen man sich wohlfühlt und die Freude und gute Stimmung verschaffen? Der Spaß fängt doch schon an, wenn die Atmosphäre einen wohlig in Empfang nimmt, wenn Augen, Hände, Nase und Ohren etwas Erfreuliches geboten bekommen. Und das ist es, das Geheimnis guter, erfolgreicher Gestaltung: Dass alle unsere Sinne erfreut werden! Dass „echter“ und rundum gelungener Spaß nur dann zu haben ist, wenn auch die Funktionalität, die Praktikabilität, die Nutzerfreundlichkeit, die Pflegeleichtigkeit, die Variabilität, die Wartungsfreundlichkeit, die Wirtschaftlichkeit, die Langlebigkeit, die Nachhaltigkeit und ähnliches zu einem hohen Prozentsatz erfüllt sind, versteht sich eigentlich von selbst.

Manchmal kann man Abstriche machen, aber die müssen dann in jedem Fall gemeinsam zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart werden, sonst ist der Ärger vorprogrammiert und der Spaß sprichwörtlich „beim Teufel“. Allen praktikablen und sinnvollen Gestaltungsfaktoren zum Trotz, ist es gerade das vielleicht zunächst als „sinnlos“ Erscheinende, welches sinnigerweise unsere Sinne mit Freude erfüllt, die Sinne anregt und somit Sinn macht. Können Sie mir noch folgen? Die Natur ist hier unser allerbester Lehrmeister: Wie ist das mit den Sonnenauf- und -untergängen? Wie mit dem Sternenhimmel? Dem Blick auf das Meer, den See, über die Berge, dem Vogelgezwitscher, der Stille, der Waldluft, dem Blütenduft, der saftigen Birne, dem pelzigen Pfirsich, der Farbenpracht von Blumen, Sträuchern, Bäumen, der Weite, der Höhe, der Tiefe von Landschaften und Wäldern, dem Wasserfall, den Sanddünen oder Mooswiesen, …? Wir alle haben das schon mal erlebt, wie uns in solcher Umgebung das Herz aufgeht, der Atem stockt, die Gefühle einen regelrecht überwältigen. Emotionen werden geweckt, ausgelöst, auf direktem Weg über unsere sinnlichen Erfahrungen! Und wir zehren davon noch Stunden, Tage, Wochen…, manchmal noch nach Jahren. Dabei müssen es gar nicht diese Extreme sein: Bereits eine schöne Blume, ein besonders getupfter Stein, ein bizarrer Ast oder ein bunter, gaukelnder Schmetterling bewirken diesen Stimmungswandel in uns, kann Auslöser sein, für Trost, gutes Gefühl oder Beschwingtheit. Ist das nicht faszinierend, wenn es uns mit unserer Gestaltung von Innenräumen gelingt, solche Gefühle ebenfalls auszulösen?

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Inspiration in der Natur entdecken

Wir können die Natur in ihrer Unermesslichkeit und Vielfalt mit unserer Gestaltung nur schwer nachahmen, geschweige denn übertrumpfen, aber wir können uns bei ihr Inspiration holen und von ihr lernen, was uns guttut und was uns positiv bewegt, was uns Kraft gibt oder Ausgeglichenheit, Entspannung und Freude, Energie und Motivation. Wenn wir überrascht werden, etwas Neues entdecken, spielerisch Erfahrung sammeln, zur Ruhe kommen, Balance finden, angeregt und mit Frohsinn erfüllt werden, dann hilft uns das den Alltag in all seinen Facetten besser, leichter zu bewältigen. Dann haben wir als Gestalter unseren Beitrag geleistet, diese Welt zu bereichern, etwas Positives zu bewegen und andere Menschen ein Stück weit „glücklicher“ zu machen. Und was, wenn nicht dies, ist das, was uns antreibt und an der Innenraumgestaltung so verdammt viel Spaß macht!

Beitrag in holzBaumarktschweiz 10/2011
Autorin: Anne Batisweiler
Verlag: FS Media AG
www.holzbaumarktschweiz.ch

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